Dienstag, 20. März 2012

Betriebliche Gesundheitssysteme ................. by Margit Kunz

Written on  by Margit Kunz in Artikel, Ausgabe 02/2012, Gesundheit

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Imagepflege oder schon salutogene Symptome?

Betriebliche Gesundheitssysteme stehen vor vielen Herausforderungen: demografischer Wandel, Veränderung der Arbeitsanforderungen und technischer Fortschritt. Wie gesunde Arbeit in gesunden Unternehmen heute aussieht, beleuchtet Margit Kunz.

Ein gesundes Unternehmen richtet seine Organisationskultur und damit sein Führungsverhalten und seine Arbeitsorganisation bestmöglich an seinen Mitarbeitern und Kunden aus. Wie sieht das Gesundheitsverständnis in österreichischen Unternehmen heute aus und wie ist das in den täglichen betrieblichen Entscheidungen zu spüren?
Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist über office@business-doctors.at möglich.



Für Ing. Mag. Dr. Gerhard Klicka variiert das Gesundheitsverständnis in Österreich. »Es gibt Firmen, die viel für die Gesundheitsförderung in ihrem Unternehmen tun, leider aber auch Betriebe, die dem Wert Gesundheit wenig Bedeutung beimessen. Oftmals enden Gesundheitsangebote bei der Verhaltensprävention (Ernährung, Bewegung, Raucherberatung). In den wenigsten Fällen wird Gesundheit mit Wohlbefinden verknüpft und damit auch als Teil der Arbeitskultur und der Arbeitsorganisation (Zusammenarbeit, Sinnfindung, Arbeitsbewältigung) gesehen.«
Gregor Rossmann ortet in Österreich ein immer besseres Verständnis für betriebliche Gesundheitsförderung (BGF). »Auch in Deutschland ist das Verständnis gut, wobei in beiden Ländern Schulungen im Verkauf, Marketing usw. nach wie vor im Vordergrund stehen.« Dr. Bernd Hufnagl (geschäftsführender Gesellschafter, Mediziner, Biologe und Unternehmensberater Benefit GmbH Betriebliches Gesundheitsmanagement) sieht heute zwischen Österreich und Deutschland keine Unterschiede mehr: »Deutschland war hinsichtlich Sensibilität und Priorisierung deutlich voraus. Der heute noch merkbare Unterschied liegt in der Professionalisierung der Prozesse im Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) und den zur Verfügung gestellten finanziellen und personellen Ressourcen.« Er führt einen großen deutschen Automobilhersteller an, der durch Professionalität und entsprechende Ressourcenbereitstellung beispielhaft wirkt. In Österreich sieht er hier noch deutlichen Aufholbedarf.
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Maßnahmen

Gesundheitsmanagement als integraler Bestandteil aller Managementprozesse in einer Organisation wird nicht eingeführt, sondern entwickelt und kultiviert. Das heißt, es geht um das Verständnis gesundheitsfördernder Maßnahmen und um die Erschließung entsprechender Potenziale bei den Mitarbeitern. Damit das Gesundheitsmanagement wirksam ist und bleibt, müssen die gesamte Organisation einbezogen und das Denken, Handeln und Gestalten auf allen Ebenen koordiniert sein.
Für Gerhard Klicka sind gesundheitsbezogene Maßnahmen und Einrichtungen wie Betriebsambulanzen, arbeitspsychologische Angebote wie Mitarbeiterberatung, Evaluierung psychischer Belastungen und Prävention zum Thema Stress und Burn-out, Mitarbeiterbefragung als Instrument zur Ermittlung des Arbeitsvermögens (Zusammenarbeit, Sinnfindung und Arbeitsbewältigung) und Gesundheitstage oder auch Gesundheitsstraßen besonders wirksam. »Dabei kann beispielsweise der Gesundheitstag eine gute Kick-off-Maßnahme zum Start eines BGM im Betrieb darstellen.«


Business Doctors www.business-doctors.at  hält Vorträge und Workshops zu den Themen Bewegung, Ernährung und psychosoziale Gesundheit im Allgemeinen für sinnvoll. »Im Bewegungsbereich empfehlenswerte Maßnahmen sind Bewegungseinheiten, die direkt in den Firmen durchgeführt werden bzw. von den Unternehmen organisiert werden (z. B. aktive Bewegungs- oder Entspannungspausen während der Arbeitszeit, Lauftreffs, Yoga, Rückenschule); Arbeitsplatzergonomie; Kooperation mit Vereinen, Sportwissenschaftern oder Ärzten. Im Ernährungsbereich sind es die Umstellung im Angebot von Betriebskantinen, Kochworkshops, individuelle Ernährungsberatungen; im psychosozialen Bereich sind es Schulungen mit den Themen Work-Life-Balance, Stress- und Konfliktmanagement, Führungskräfteschulungen.«


Bernd Hufnagl sieht Maßnahmen, die Kultur und Wandel in den Organisationen direkt beeinflussen, als besonders wirksam an. »Adaptierung des Führungsalltags, der geprägt ist durch Unterbrechung, Ablenkung und Multitasking. Strategien gegen die weit verbreitete Jammerkultur und Eigenverantwortung auf der individuellen und der Organisationsebene. Strategien bei häufigen Veränderungsprozessen, die das Klima der Sicherheit und Bindung der Mitarbeiter unterstützen.«

Gesundheit als Imagesache?

Damit »Gesunde Arbeit in gesunden Unternehmen« nicht nur ein Schlagwort ist und sich BGM in Unternehmen immer besser durchsetzt, darf es nicht bei Alibihandlungen bleiben. »In vielen Unternehmen hat das Thema Gesundheit noch keinen oder nur geringen Einzug gefunden. Manche Firmen glauben auch, dass sie BGF betreiben, wenn sie den Mitarbeitern einen Obstkorb zur Verfügung stellen. Gesundheitsschulungen werden teilweise halbherzig und inkonsequent durchgeführt. BGF-Maßnahmen werden häufig nicht von den Führungskräften mitgetragen und in diesem Zusammenhang wird die Verantwortung auf die Mitarbeiter abgeschoben«.


»Natürlich kann es eine reine Imagesache sein«, erläutert MMag. Robert Brandstetter » dann werden ein paar Seminare angeboten oder ein Heißgetränkeautomat und ein Kühlschrank aufgestellt – das ist natürlich zu wenig. In größeren Unternehmen ist BGM bereits seit Jahren ein integrierter Bestandteil. Auch kleinere Unternehmen bemühen sich in den letzten Jahren immer mehr. Leider scheitert es häufig am Wissen der Unternehmen über entsprechende Experten aus dem Gesundheitswesen, die so etwas auch umsetzen können. BGM greift in den Betrieben in jedem Fall und reduziert Fehlzeiten. Grundsätzlich ist der ROI bei durchschnittlich 1:2.«


Ein wesentlicher Punkt ist für Gerhard Klicka auch das Thema Generationen und altersgerechte Arbeitsplätze, um den unterschiedlichen Anforderungen und Belastbarkeiten jeder Altersgruppe gerecht zu werden.
»Dazu ist es notwendig, eine gewisse Flexibilisierung der menschlichen Arbeit über die Lebensspanne zu ermöglichen, im Sinne einer ›alternsgerechten‹ Arbeitsgestaltung. Diversität und Flexibilität sind hier der Schlüssel zum Erfolg.«
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Vorzeigefirmen

Die Investition in die Gesundheit der Mitarbeiter spart Unternehmen viel Geld. Das zeigt sich in geringeren Kosten für Gesundheitsleistungen, reduzierter Abwesenheit bzw. Fluktuation der Mitarbeiter, weniger Verletzungen, weniger Stress, verbesserter Produktivität der Mitarbeiter und nachhaltigem Kundenimage.


Vor allem Großbetriebe setzen BGM bereits seit Jahren erfolgreich um und messen den Erfolg dieser Maßnahmen durch regelmäßige Mitarbeiterbefragungen, Fehlzeiten- und Fluktuationsauswertungen. Gerhard Klicka nennt als hervorragendes Beispiel die Österreichische Papierindustrie. »›Gesundes Papier‹ ist eine Gesundheitsoffensive für die Arbeitnehmer der österreichischen Papierindustrie zu mehr Lebensqualität am Arbeitsplatz. Das Projekt startete 2005 und läuft bis heute. Zentrales Element ist die Befragung mittels Human Work Index® (HWI®). 
Die Ergebnisse zeigen: Arbeitsbewältigung, -interesse und Zusammenarbeit weisen höhere Werte auf als in anderen produzierenden Branchen. Es ist mit dieser Offensive gelungen, die Arbeit in der Papierbranche besser an den Takt der Menschen anzupassen. Bereits sechs der beteiligten Unternehmen wurde das Gütesiegel für Betriebliche Gesundheitsförderung verliehen. Aktuell läuft die dritte HWI®-Erhebungsrunde, an der 16 Unternehmen beteiligt sind.«
Gregor Rossmann nennt die Firmen Paar in Graz, Sappi (Gratkorn), Saubermacher, die Steirische Ärztekammer oder die Steiermärkische Sparkasse als Vorzeigefirmen, die langfristige Gesundheitsprojekte für ihre Mitarbeiter vorbildhaft durchführen und über Mitarbeiterbefragungen evaluieren. Der Erfolg lässt sich schließlich an den Teilnehmerzahlen an diversen Schulungsmaßnahmen und an den Krankenstands-Statistiken messen.

Zukünftige Schwerpunkte

Wesentliche Gesundheitsthemen liegen einerseits bei Stress und Burn-out und andererseits im Bereich Ernährung, Bewegung und psychosoziale Gesundheit. Gerhard Klicka ortet in unserer Gesellschaft immer noch eine Tabuisierung von psychischen Erkrankungen, obwohl die Zahl der Erkrankungen und die damit verbundenen Frühpensionen stark zunehmen.


»So wird vor allem dieses Thema in vielen Firmen ignoriert (ähnlich wie früher das Thema Alkohol). Denn immer noch herrscht verbreitet die Meinung, dass psychische Probleme privater Natur sind und damit im Arbeitsalltag nichts zu suchen haben. Ein Trugschluss. Hier sind die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und Zivilcourage im Umgang miteinander gefragt.«
Führungskräfte sind nach Robert Brandstetter besonders gefordert, sich hier spezielles Wissen anzueignen. »Dabei geht es nicht um die Vermittlung von Theorien, sondern um das Integrieren von Gesundheit in die tägliche Führungsarbeit und das eigene Führungsverhalten. Im Idealfall gibt es auch interne Multiplikatoren, die im Unternehmen für die Gesundheit zuständig und entsprechend weitergebildet sind. Und es braucht mehr Fortbildungen für Experten, die extern in Unternehmen sind.
Für Gregor Rossmann liegen zukünftige Schwerpunkte neben Schulungsmaßnahmen im Bewegungs-, Ernährungs- und psychosozialen Bereich »auch in einer Umstrukturierung der organisatorischen Abläufe. Familienfreundliche Arbeitszeiten (sofern möglich), Kinderbetreuung in größeren Unternehmen (sofern leistbar) usw. Wichtig ist vor allem, dass auf die Altersstruktur der Mitarbeiter eingegangen wird. 20-jährige Mitarbeiter sind in Bezug auf das Angebot anders zu behandeln als 50+ Mitarbeiter.«

Expertenwissen

Experten werden als gesetzliche Präventivkräfte für die Umsetzung von BGM in Unternehmen eingebunden.
Robert Brandstetter nennt hier besonders die Arbeitspsychologie, die spezialisiert auf dieses Thema ist und die auch bereits im Arbeitnehmerschutz verankert ist. »Vor allem im Bereich der psychischen Gesundheit sind Arbeitspsychologen Experten für Unternehmen. Dabei geht es nicht um Psychotherapie, sondern um Evaluierung psychischer Belastungen und um Themen wie Burn-out oder Mobbing. Arbeitspsychologen erstellen auch Expertisen im Bereich der Diagnostik (Mitarbeiter- und Unternehmensdiagnostik) und führen Befragungen durch. (Eines der Probleme, warum BGM nicht erfolgreich eingesetzt wird, sind schlecht gemachte Befragungen.) Sie können aber auch die Umsetzung begleiten und auch entsprechend qualitativ evaluieren. Auch die Betreuung, Coaching und Behandlung einzelner Mitarbeiter können von Arbeitspsychologen durchgeführt werden.«
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Fazit

Psychosoziales Wohlbefinden und große Arbeitszufriedenheit führen zu einer hohen Leistungsmotivation. Gesunde Organisationen achten sowohl auf gute körperliche und psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiter als auch auf ein gesundheitsförderndes Führungsverhalten.


Empfehlung von Business Doctors: www.Business-doctors.at


Wichtiger Hinweis: 
Diese Seite enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Sie kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. 


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1 Kommentar:

  1. Im Bereich Arbeitsplatzergonomie müssen viele Firmen noch einiges machen. Bei manchen Unternehmen wird man ja schon schief angesehen, wenn man mal vom Arbeitsplatz aufsteht um sich zu bewegen ... obwohl jeder weiss, dass stumpfes Sitzen total schlecht für den Rücken ist!

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