Wissenschafter sammeln Daten, um neue Strategien für den Kampf gegen den Stress zu entwickeln und Therapien wirksamer zu machen.
Wien/Krems -
Feueralarm!
Der Puls ist auf 150. Durchblutung und Sauerstoffversorgung des Gehirns nehmen zu.
Der ganze Körper wird unter Stress gesetzt.
Man stürmt aus dem Haus, um den Flammen zu entgehen. War es ein Fehlalarm, kehrt der Körper schnell in den Normalzustand zurück.
"Der Organismus ist reagibel. Er moduliert sich je nach aktueller Anforderung nach oben und unten", sagt Gerhard Tucek, Leiter des Forschungsbereichs Health Sciences an der IMC Fachhochschule Krems.
"Ein kranker Mensch dagegen kann das nicht. Sein Herzschlag braucht lange, bis er wieder im Normalbereich ist. Er leidet unter einem permanent erhöhten Stresslevel und verringerter Regulationsmöglichkeit."
Stress ist eine Nebenerscheinung einer hochgetakteten Informationsgesellschaft, die sich auf Effizienz drillt. Je mehr Stress verarbeitet werden muss, desto mehr Erholung ist nötig. Der Psychologe Gerhard Blasche von der Med-Uni Wien hat mit Kollegen Medizinstudenten unter Prüfungsstress untersucht. In der Studie wurden Faktoren wie Anspannung, Erschöpfung oder Schlafverhalten regelmäßig per Fragebogen erhoben.
"Die Probanden benötigten bis zu sieben Tage, um nach der Prüfung wieder den Normalzustand zu erreichen - ein überraschend hoher Wert", sagt Blasche, "und je mehr sie sich belastet fühlten, desto mehr Zeit brauchten sie zur Erholung."
Erhöhte Fehleranfälligkeit
In einer ähnlichen Studie mit Altenpflegern war auffällig, dass die Probanden nach zwei Zwölf-Stunden-Diensten an zwei aufeinanderfolgenden Tagen danach drei Tage benötigten, um wieder ganz erholt zu sein. Am zweiten Arbeitstag sei bereits ein erheblicher Zuwachs von Stressindikatoren zu verzeichnen gewesen, sagt Blasche. Um den Stress zu kompensieren, benötigt man ein höheres Ausmaß an Selbstkontrolle.
"Trotz der kompensatorischen Anstrengung führt das zu einer höheren Fehleranfälligkeit", sagt Blasche. "Das ist auch bei Arbeitszeiten von Ärzten relevant. 72-Stunden-Dienste bringen ein erhebliches Risiko mit sich."
Stress ist aber nicht nur ein großes Problem von Bediensteten im Gesundheitsbereich, sondern auch Teil vieler psychischer Krankheitsbilder. Wissenschafter wie Gerhard Tucek - er beschäftigt sich in Krems mit Musiktherapie, medizinischer Anthropologie und klinischer Forschung - versuchen adäquate Mittel zu finden, um den Stress der Patienten zu mindern oder ihn gar nicht aufkommen zu lassen.
Hochpersonalisierte Behandlung
Im Rahmen eines Schwerpunkts zu Stress- und Regulationsforschung an der IMC FH Krems entwickelt Tucek mit seinem Team Strategien für bessere therapeutische Interventionen im klinischen Umfeld. Interventionen, die Patienten nicht noch mehr Stress bereiten.
"Die Grundidee ist, einen möglichst hohen Personalisierungsgrad bei der Behandlung zu erreichen", sagt Tucek.
"Wir gehen davon aus, dass man durch eine vertrauensvolle und individuelle Begegnung den Stress für die Patienten reduzieren kann."
"Als Therapeuten übersehen wir oft, dass unser Arbeitsplatz, die Klinik, per se ängstigend und stresserzeugend wirkt. Man denke an die Geräusch- und Lichtverhältnisse in einer Intensivstation. Viele der Handlungen der Therapeuten sind für den Patienten mit Schmerz verbunden", sagt Tucek.
Das sind Aspekte, denen man bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt hat. Gerade in der Psychotherapie würde 30 Prozent des Behandlungserfolges davon abhängen, wie der Patient den Therapeuten wahrnimmt. Hier möchten die Wissenschafter eine Veränderung erreichen.
Ein wichtiger Faktor für einer individuelleren Behandlung ist für Tucek der richtige Zeitpunkt einer Behandlung. Im Projekt "Right Moment" wollen die Forscher Methoden entwickeln, um zu erkennen, wann im Lauf eines Tages die beste Zeit für eine therapeutische Maßnahme ist. Bisher wird darauf keine Rücksicht genommen. Patienten müssen sich nach der Verfügbarkeit ihrer Therapeuten richten.
Biologische Rhythmen
Um mehr über die biologischen Rhythmen der Patienten herauszufinden, untersuchen Tucek und Kollegen unter anderem die Herzratenvariabilität. Sie bezeichnet die ununterbrochene Anpassung der Herzschlagfolge auf innere und äußere Einflüsse - von den eigenen Gedanken bis zur Anwesenheit fremder Personen.
Auch Videoanalysen sollen helfen, den richtigen Therapiezeitpunkt zu bestimmen. Wenn sich Menschen gut kennen, wissen sie oft ganz automatisch, wie es dem anderen geht. Die Forscher wollen herausfinden, ob auch Therapeuten lernen können, ihre Patienten auf eine ähnliche Art einzuschätzen. Eine personalisiertere Betreuung benötigt mehr Zeit. Ein Preis, der nicht zu hoch ist, wenn die Wirksamkeit der Therapie erhöht und die gesamte Behandlungsdauer verkürzt würde. Die Methoden müssen in der Praxis handhabbar sein, sagt Tucek. "Ein Patient in der richtigen Verfassung könnte das Therapiegespräch für beide Seiten erbaulicher machen."
Doch was führt Menschen letzten Endes ins Burnout?
Es sind nicht nur die Anforderungen, die von außen auf sie einprasseln.
"Ein entscheidender Faktor ist der Stress von innen, die gedankliche Weiterbeschäftigung mit dem Arbeitsstress", sagt der Med-Uni-Forscher Gerhard Blasche.
"Die Gedanken verweilen in den belastenden Themen."
Der Stresspegel wird unabhängig von der externen Belastung weiter aufrechterhalten. Man emotionalisiert die Probleme, fühlt sich überfordert und läuft Gefahr, immer tiefer ins Burnout, also in eine arbeitsbedingte chronische Erschöpfung, zu geraten.
"Eine Genesung dauert dann wirklich sehr lange. Ein Knochenbruch oder ein leichter Herzinfakt ist da schneller rehabilitiert."
Heute fühlen sich Arbeitnehmer für ihren Job stärker verantwortlich als vor 30 Jahren.
"Die höhere Identifizierung braucht auch eine bewusste Entscheidung zur Erholung", sagt Blasche.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssten dazu beitragen. Smartphone & Co können die gedankliche Distanzierung von der Arbeit sabotieren.
Blasche: "Ich halte viel von den neuen Bestrebungen, die das Zustellen von Firmen-SMS oder -Mails am Abend oder im Urlaub unterbinden wollen."
Original Artikel Link:
Alois Pumhösel, DER STANDARD, 29.10.2014
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Donnerstag, 3. September 2015
Wenn der Stresspegel nicht mehr sinkt
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